Diversity beginnt mit Vertrauen: eine kleine Geschichte über Mut, Leistung und echte Chancengleichheit

Veröffentlicht
14. April 2025
Diversity beginnt mit Vertrauen: eine kleine Geschichte über Mut, Leistung und echte Chancengleichheit
In den 90er Jahren hatten große Konzerne die ersten Rollen als Frauen- oder Gleichstellungsbeauftragte installiert, aber das Aufgabenfeld wurde erst noch definiert. Diversity in seiner heutigen Bandbreite war noch ein völliges Fremdwort.

Rückblende  

In der damals noch primär männerdominierten Arbeitswelt arbeitete ich als ganz junger Personalberater in der zweiten Hälfte der 90er Jahre für einen japanischen Weltkonzern

Dieser Konzern wollte in Dresden ein Team mit Field Service Engineers von Null aufbauen. Das Team aus jungen Ingenieuren sollte hochkomplexe technische Anlagen betreuen - die elektrotechnischen und mechanischen Anforderungen waren extrem hoch. 

Das Recruiting vor Ort in Dresden war für mich, den HR Director Deutschland sowie den (japanischen) Managing Director Europe eine einmalige und unvergessliche Erfahrung. 

Alle Bewerber waren damals noch vom DDR-System geprägt - besonders auffällig war, dass es im westdeutschen Vergleich eine nennenswerte Anzahl weiblicher Ingenieure gab. 

Ein Interview auf Englisch war damals nicht durchgängig möglich, da die Kandidaten in der Schule nur Russisch gelernt hatten. Erst nach der Wende kam Englisch in Crash-Kursen dazu, war aber logischerweise in der Praxis noch kaum angewandt. 

Trotz mancher Sprachbarrieren und teils zu übersetzender Interviews hinterließen die Gespräche schnell einen nachhaltigen Eindruck - die universitäre Ausbildung in der DDR bzw. den noch sehr „jungen“ Neuen Bundesländern war theoretisch und auch praxisbezogen exzellent. 

Bereits nach den ersten Gesprächen zeichnete sich ein unerwarteter Konflikt ab. 

Letztlich sollten fünf Kandidaten ausgewählt werden - aus Sicht des japanischen Managing Directors naturgemäß alles Männer. 

Der Grund lag auf der Hand: Japanische Manager waren damals noch sehr konservativ geprägt, und Frauen im Berufsleben entsprachen nicht ihrem Weltbild - schon gar nicht in der Technik, der klassischen Männerdomäne. 

In den Interviews kristallisierte sich jedoch schnell heraus, dass eine junge ostdeutsche Ingenieurin den weitaus besten Eindruck machte. 

Diese junge Ingenieurin hatte gleichzeitig ein kleines Kind, und ihr Ehemann sollte sich primär um das Kind kümmern. 

Das „komplette Paket“ war für den japanischen Managing Director völlig unvorstellbar und fremd - daher wollte er die Dame reflexartig ablehnen. 

Was tun? 🤔 

Glücklicherweise führte der Konzern damals ergänzend zu den Interviews einen theoretischen Wissenstest (Elektrotechnik / Mechanik) durch, um die Kandidaten weltweit zu benchmarken. 

Das Ergebnis: 

  • Alle finalen Bewerber aus der Dresdner Interview-Runde gehörten auf Basis dieses Tests zu den Top 5 % der Kandidaten weltweit - was an sich schon beeindruckend war. 
  • Und wer hatte sogar den bis dahin weltweit besten Test absolviert? 

Die junge Ingenieurin! 🏆 

Der HR Director Deutschland und ich waren schnell Feuer und Flamme für die Kandidatin - ohne Wenn und Aber. 

Aber der japanische Managing Director kämpfte - mit seinen traditionellen Auffassungen und sozialen Prägungen und gleichzeitig mit den objektiven Gesprächseindrücken, die für sich sprachen

Insgesamt dauerten die Interviews in Dresden drei Tage, mit anschließenden gemeinsamen Dinnern. 

Es würde den Rahmen dieses Artikels deutlich sprengen, die intensiven Diskussionen dieser Tage und Abende zu beschreiben - die Gespräche drehten sich meist um ein und dasselbe Thema. 

Ein Hin und Her - um immer dieselben Fragen: 

  • Wäre das Undenkbare möglich - eine tolle Kandidatin entgegen aller bisheriger soziokultureller Gepflogenheiten des japanischen Konzerns einzustellen
  • Welches Risiko würde es für den HR Director Deutschland und den Managing Director Europe bedeuten, wenn die Einstellung der jungen Ingenieurin gegenüber dem Top-Management des Konzerns vertreten werden müsste? 

Es gab letztlich viele Gründe, anzunehmen, dass eine solche Personalentscheidung unmöglich und zumindest höchst riskant sein würde. 

Und dennoch - die Ingenieurin hatte einen so nachhaltigen Eindruck hinterlassen, dass selbst der japanische MD seiner inneren Überzeugung folgte und seinerseits volles Risiko einging. 

Die Einstellung der Kandidatin wurde gegenüber dem Management in Japan vertreten und durchgesetzt. 

Mit durchschlagendem - und vor allem nachhaltigem - Erfolg! 🌟 

Die junge Ingenieurin wurde nach weniger als drei Jahren Leiterin des schnell weiter wachsenden Field Service Teams in Dresden und machte damit den nächsten Schritt, der eigentlich unmöglich schien: weibliche Führungskraft und somit Managerin in einem seinerzeit noch sehr konservativen Konzern. 

Und Managerin ist sie bis heute - im selben Unternehmen, das somit dafür belohnt wurde, über seinen eigenen Schatten zu springen. 

Lesson Learned für mich: 

Geschlecht spielt für beruflichen Erfolg de facto keine Rolle - letztlich basiert Erfolg auf Persönlichkeit und Fachkompetenz. 

Wichtig ist die Chance, die eigenen Fähigkeiten überhaupt unter Beweis stellen zu dürfen.

Und so halte ich es persönlich bis heute. 

Das Thema Diversity stellt sich für mich gar nicht erst - Diversity ist einfach eine Selbstverständlichkeit, über die ich nicht nachdenken muss. 

Daher bin ich von Diversity und auch DIE zutiefst überzeugt - und sicher, dass wir bei diesem Thema nicht lockerlassen dürfen! 💬 


PS: Seit 2001 arbeite ich über Kestria mit Kolleginnen und Kollegen rund um den Globus zusammen - das ist Diversity in Reinkultur. Extrem bereichernd und lehrreich. 🌍 

 

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